19. Juli 2017

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Insulinpflichtiger Schwangerschaftsdiabetes. Zustand nach Kaiserschnitt. Zu viel Fruchtwasser. Nachlassende Plazentafunktion. Einleitungsversuche. Die Geburt von Catharinas Sohn scheint unter keinem guten Stern zu stehen. Und doch gelingt es Catharina, jede neue Herausforderung anzunehmen. Sie schafft es, das Vertrauen in ihren Körper und ihr Baby zu bewahren.

Doch jetzt lest selbst: Hier kommt ihr Bericht!

Schon während meiner zweiten Schwangerschaft stand fest, dass wir uns ein drittes Kind wünschen.
Nach der Hausgeburt, die meine Wunden von der Sectio beim ersten Kind heilte, verstärkte sich dieses Gefühl.

Und so wurde ich im Juni 2015 erneut schwanger, verlor das Baby aber leider kurz darauf. Eine weitere Schwangerschaft und Fehlgeburt im Oktober und im Dezember 2015 folgten.

Durch Zufall entdecken die Ärzte eine Zuckerstoffwechselstörung als mögliche Ursache. Deshalb begann ich ab Mai 2016 Metformin einzunehmen und auf meine Ernährung zu achten.

Bald darauf war ich wieder schwanger.

Der Blutzucker fährt Achterbahn

Vermutet hatte ich diese Schwangerschaft bereits 4 Tage nach dem Eisprung, denn mein Blutzuckerspiegel ging plötzlich durch die Decke. Er lag teils bei Werten um die 300 und ich erhöhte das Metformin auf die doppelte Dosis und aß bis zum Tag 14 nach Eisprung No-Carb.

So hatte ich die Blutzuckerwerte halbwegs im Griff.

Als mein Test tatsächlich positiv war, kontaktierte ich meinen Diabetologen und er verordnete mir direkt Insulin.

Leider ist der insulinpflichtige Schwangerschaftsdiabetes ein Ausschlusskriterium für eine Hausgeburt. Das bereitete mir Sorgen, aber ich vertraute auf eine Lösung zur richtigen Zeit.

Mit Hilfe des Insulins ließen sich die Blutzuckerwerte während der ersten Wochen gut regulieren. Ab der 8. Woche pendelte sich der Zuckerstoffwechsel schlagartig ein, so dass ich fortan mit einer moderaten Diät gute Werte erzielte.

Die erste Hälfte der Schwangerschaft vergeht

Die Vorsorgen machte ich bei meiner Hebamme und zu den drei Screenings sah ich meine Frauenärztin. Außerdem wurde ich von meiner Diabetologin betreut.

So verging die erste Hälfte der Schwangerschaft zwar mit großen Ängsten auf Grund der Fehlgeburten, aber doch voller Hoffnung auf einen guten Verlauf.

Wieder Insulin spritzen

Etwa in der 22./23. Woche verschlechterten sich meine Zuckerwerte plötzlich und es kamen Probleme mit den Nieren hinzu. Die Ärzte vermuteten als Ursache den Diabetes und ich wurde wieder auf Insulin eingestellt. Damit war meine Chance auf die Hausgeburt dahin.

Ich hatte aber noch die Hoffnung, dass ich das Insulin irgendwann absetzen dürfte. Doch es zeigte sich schnell, dass mein Insulinbedarf mit jeder Woche stieg und bald spritze ich mehrmals am Tag große Mengen.

Zwischen  Schulmedizin und Alleingeburt

Das bedeutete auch, dass ich mich nach dem dritten Screening auf 4-wöchige Termine mit meiner Frauenärztin einigte und mich mit den Geburtskliniken der Umgebung zu beschäftigen begann. Gleichzeitig fing ich an, mich auf eine Alleingeburt vorzubereiten.

Sollte alles bis zum Ende unauffällig bleiben, war es mein Plan, insgeheim eine Alleingeburt zu machen und den Kleinen zu Hause selbst zu überwachen. Im Notfall wollte ich im Nachgang die Klinik aufsuchen.

Die Unsicherheit, wo mein Kind geboren werden könnte, war eine Belastung.

Meist schaffte ich es dennoch, zuversichtlich zu bleiben. Denn jede Kontrolle zeigte immer wieder, dass es keinerlei Auffälligkeiten beim Kind, der Plazenta oder dem Fruchtwasser gab.

Trotzdem stellte ich mich in einer kleinen Geburtsklinik und in der Uniklinik vor.
Einfach, um vorbereitet zu sein.

In der 37. Woche fand eine erneute Kontrolle in der Uniklinik statt, es sollte die Letzte vor der Geburt sein. Zuerst beim Diabetologen, dann in der Frauenklinik.

Der Diabetologe war zufrieden, der Arzt in der Frauenklinik konnte keine Auffälligkeiten erkennen. Aufgrund der schwankenden Werte innerhalb der letzten drei Tage vor dem Termin, stellte er jedoch eine Einleitung ab 38+0 in den Raum.

Das nahm ich nicht ernst. Ausreißer hatte ich immer mal ein paar Tage und meist regulierten sie sich nach der Insulinanpassung schnell wieder ein.

Ich verbrachte das lange Wochenende also recht entspannt und mit dem Plan, meinen Diabetologen um eine zweite Meinung zu bitten.

Er betrachtete die Werte übers Wochenende und leider pendelten sich die Ausreißer nicht mehr ein. So bestätigte er die Meinung des Gynäkologen und riet zu einer vorzeitigen Beendigung der Schwangerschaft.

Die Argumentation war, wenn die Werte weiter entgleisen, steige das Risiko, dass mein Baby nach der Geburt Probleme mit dem Blutzucker bekommen kann, was eine Trennung von Mutter und Kind bedeuten würde.

Das riss mir erstmal den Boden unter den Füßen weg. War ich doch gerade sehr sicher in meiner Entscheidung zur Alleingeburt gewesen, nachdem alle Befunde immer so gut waren.

Ich begann, weitere Meinungen einzuholen.

Dazu vereinbarte ich einen Termin in der anderen Geburtsklinik, sprach mit allen mir bekannten Diabetologen, Hebammen, Gynäkologen und Internisten.

Auch meine Hebamme rief ich an und traf mich am Donnerstag mit ihr.

Letztlich befürworteten alle Ärzte eine Einleitung innerhalb der 39. Schwangerschaftswoche, da meine Zuckerwerte weiter entgleisten und kaum mehr auf das Insulin ansprachen.

Dabei kam es nicht nur ständig zu viel zu hohen Zuckerwerten, sondern im Gegenteil auch täglich zu starkem Unterzucker. Umstellungen beim Insulin brachten keine Änderung, die Werte wurden immer unberechenbarer.

Am Donnerstag beriet ich mich mit meiner Hebamme. Ich bat sie, meinen Muttermund zu untersuchen, um zu sehen wo ich stehe und um mir die Entscheidung für oder gegen eine Einleitung einfacher zu machen.

Letztlich blieben mir zwei Optionen:

• Eine Einleitung weit vor Termin (und das obwohl beide vorherigen Kinder deutlich nach Termin geboren worden sind), mit allen Risiken, die eine Einleitung – vor allem bei Zustand nach Kaiserschnitt – so mit sich bringt. Aber die Chance auf ein vermutlich fittes Kind, dem die Schwankungen der letzten Woche noch nicht so stark zugesetzt haben und die Hoffnung auf eine ambulante Geburt, sollte es ihm gut gehen

• Abwarten und auf einen natürlichen Geburtsbeginn hoffen aber damit weiter unkontrollierte und vermutlich noch schlechter werdende Zuckerwerte in Kauf nehmen, die das Kind zunehmend belasten könnten und auch nach der Geburt zum Problem werden könnten.

Meine Hebamme tastete und der Befund war gut. Außen war der Muttermund auf 2-3cm, Portio bei ca. 2cm, alles weich. Der innere Muttermund war fingerdurchlässig.
Außerdem machte sie auf meinen Wunsch hin eine Eipollösung.

Sie sah beide Wege als Möglichkeit, bestärkte mich jedoch auf dem ersten Weg. Bei einer Einleitung sah sie keine größeren Probleme, da ich mein zweites Kind unproblematisch geboren hatte.

Die Hebamme machte mir Mut, denn meine Angst vor der Einleitung war groß.

Wir besprachen alle möglichen Methoden, auch das gab mir Sicherheit für meine Entscheidung. Ich wollte nur noch den Termin mit der kleinen Geburtsklinik am Freitag abwarten. Vielleicht würden die Ärzte dort die Situation doch noch anders bewerten.

Dort wurde geschallt und recht schnell war klar, dass sich der Befund zur Woche davor im  Ultraschall deutlich verschlechtert hatte.

Trotz mehrmaligem Schallens kamen die Ärzte zu dem Schluss, dass das Baby in den letzten 10 Tagen vermutlich kaum bis gar nicht mehr gewachsen war. Gleichzeitig hatte sich die Fruchtwassermenge enorm erhöht. Die Plazenta, die in der Woche vorher noch wirklich gut aussah, war auch nicht mehr taufrisch.

Es hieß ziemlich rasch: Verdacht auf beginnende Plazentainsuffizienz, zu viel Fruchtwasser und somit der dringende Rat, die Schwangerschaft noch im Laufe des Wochenendes zu beenden, um eine Belastung des Kindes zu vermeiden.

Der nächste Dämpfer kam auf dem Fuße: die kleine Klinik hat keine Kinderklinik. Es war eine reine Geburtsklinik und ich bekam es nun wirklich mit der Angst zu tun. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, dass sie mich gerne und vor allem angstfrei begleiten würden.

Also entschied ich mich für die Uniklinik.

Dort hatte sich der Arzt den Befund der Kollegen und meine Werte angesehen. Er wollte im Laufe des Tages entscheiden, für welchen Zeitpunkt er eine Einleitung empfehlen würde. Bald war klar: Sie würden würden ungern weiter abwarten.

Ich saß also da und musste entscheiden, was ich tue.

Alle Ärzte waren sehr verständnisvoll, niemand versuchte mich zu bedrängen oder mir Angst zu machen. Ich bekam ihre Diagnosen und Empfehlungen und immer die Wahlmöglichkeit, mich anders zu entscheiden.

Die Entscheidung zum Einleitungsversuch fällt

Da alle Empfehlungen übereinstimmend waren, entschied ich mich in Absprache mit der Uniklinik am Freitagabend für eine Einleitung mit dem Ballonkatheter.

An diesem Abend wurden dort gefühlt im Minutentakt Kinder geboren. Es war ein einziges Gerenne und Gerufe, sehr viel Unruhe und ich saß Stunde um Stunde wartend auf dem Flur im Kreißsaal.

Meine Schwiegermutter begleitete mich, denn mein Mann arbeitete und solange nichts von Interesse geschah, wollte ich ihn nicht stören.

Erst nach Mitternacht, als meine Schwiegermutter gegangen war, wurde es ruhiger.

Der Ballon wird gelegt

Das war nicht schlimm, ich merkte das Legen und Aufpumpen kaum. Der Arzt und die anwesende Hebammenschülerin waren sehr freundlich und ruhig und klärten mich trotz der Hektik auf dem Flur, ausführlich über diese Methode auf.

Ich bekam ein Zimmer und legte mich sofort Schlafen.

In der Nacht hatte ich alle 10 bis 15 Minuten Kontraktionen, die mich wach werden ließen. Doch sie ließen wieder nach.

Am Morgen wurde ein Kontroll – CTG geschrieben und um 12 Uhr sollte ich zur Entfernung des Ballons kommen. Ich verlor ihn schon um 9 Uhr auf dem Zimmer. Doch ich beschloss erstmal eine große Runde durch den angrenzenden Schlossgarten zu spazieren, vorbei am Stoffwindel- und Trageladen in dem ich arbeite. Nachdem ich dort meine Chefin besucht hatte, ging ich wieder zurück zur Klinik.

Beim Laufen bemerkte ich immer wieder leichte Kontraktionen, die sich allerdings eher wie Übungswehen anfühlten. Trotzdem hoffte ich auf eine Wirkung.

Um 12 Uhr wurde ich untersucht. Der Befund war wie am Tag zuvor. Aber nun immerhin alles komplett weich.

Man empfahl mir auf Grund der vorangegangenen Sectio eine Einleitung mit Gel. Meine Hebamme nahm sich die Zeit,mit mir auch alle anderen Optionen zu besprechen, aber das Gel war letztlich das einzige, was man mir anbot.

Ich musste mich entscheiden: Weitermachen mit Gel oder heimgehen.

Ich fragte nach, ob ich einen Einlauf bekommen könnte, weil ich schon seit Tagen einen Druck im Bauch verspürte und einfach nicht aufs Klo konnte. Dies wollte man, aber erst wenn das Gel ein paar Stunden gewirkt hätte.

Also stimmte ich dem Gel einmalig zu und sollte danach alle 2 Stunden zur Kontrolle kommen.

Das Gel wurde gelegt. Es brannte und ich fühlte mich wund und geschwollen. Aber Wehen spürte ich keine. Ich lief wieder durch den Park, genoss die Sonne.

Zwiesprache mit dem Baby

Nun nahm ich mir Zeit und streichelte meinen Bauch, sprach mit meinem Sohn, dass wir beide nun bereit sein müssen, weil ich mir Sorgen um ihn mache. Dass ich ihm erlaube auszuziehen und mich auf ihn freue. Ich sagte ihm immer wieder, dass ich bereit bin ihn heute willkommen zu heißen.

So in der Sonne sitzend, in Zwiesprache mit meinem Sohn, bekam ich eine kräftige Wehe.
Das machte mir Mut, war ich doch immer wieder am Überlegen, das Ganze noch abzubrechen.

Ich ging wieder und wieder zur Kontrolle, es tat sich nichts.

Um 18 Uhr kam mein Mann von der Arbeit. Vorher hatte ich ihn auch nicht da haben wollen. Ich  war so beschäftigt, mich selbst auf die Geburt einzustimmen, mich bereit zu machen, wo ich mich nicht bereit fühlte, mit meinem Baby zu sprechen und in meinen Körper zu fühlen.

Das alles musste ich allein machen, mich fokussieren und schauen, meine Mitte immer wieder zu finden, wenn ich zwischendurch im Kreißsaal herausgebracht wurde.

Wir gingen wieder zur Kontrolle, es hatte sich nichts getan, der Befund war unverändert.
Die Hebamme riet zu einer neuen Portion Gel, um die Nacht nicht ungenutzt verstreichen zu lassen.

Endlich echte Wehen

Ich verlange nun den vorher versprochenen Einlauf, denn ich spürte, wie voll mein Becken war und ich war mir sicher, dass mir der Einlauf Linderung bringen würde. Auf meinem Zimmer konnte ich mich endlich erleichtern. Was für ein gutes Gefühl.

Und prompt spürte ich um kurz vor 19 Uhr leichte Kontraktionen.

Da mein Mann Hunger hatte, beschlossen wir, in die Innenstadt zu laufen und einen Imbiss zu suchen. Im Laufen kamen die Kontraktionen bald alle 2 Minuten, waren aber kurz und schmerzlos. Doch sie waren regelmäßig und ich war zuversichtlich, dass sie bleiben.

Meine Stimmung war gut.

Nachdem mein Mann gegessen hatte, saßen wir in der untergehenden Sonne und ich freute mich über jede leichte Wehe die kam und ging.

Ich war mir sicher, dass ich nun zumindest in der Eröffnungsphase angekommen war. So ging es mir bei meiner Tochter ganz zu Anfang auch.

Trotzdem konnte ich noch plaudern und den Abend genießen.

Wir machten uns auf den Rückweg aber vor der Klinik angekommen, hatte ich keine Lust hineinzugehen. Also setzten wir uns in den schönen Innenhof. Ich atmete in den Wehen, die noch immer regelmäßig alle 2 Minuten kamen, jedoch nicht schmerzten und weiterhin recht kurz waren.

Dabei witzelten wir immer mal wieder, dass wir einfach hier bleiben würden und das Kind eben im Innenhof zur Welt kommen würde.

Da ich aber noch Jeans und alles an hatte, wollte ich aufs Zimmer.

Außerdem hatte ich ja meinen Geburtsplan dabei und den wollten wir noch mit der zuständigen Hebamme besprechen.

Um 22 Uhr gingen wir hinunter in den Kreißsaal. Die Wehen unverändert. Alle 2 Minuten ein angenehmes Ziehen, kein Druck, keine Schmerzen, ca. 30 Sekunden.

Schöne, gute Anfangswehen.

Im Kreißsaal war die mir zugeteilte Hebamme gerade noch mit einer Geburt beschäftigt, die weiter war als meine, also sollte ich erst ans CTG.

Hinlegen wollte ich mich dazu nicht mehr. Ich bewegte mich, am CTG hängend, mit den nun stärker gewordenen Wehen. Das bewirkte, dass die Herztöne ständig weg waren und das Gerät nichts aufzeichnete. So wehte ich bis etwa 22.20 Uhr ohne schreibendes CTG weiter. Dann bat mich die Hebamme, dass ich es zumindest 5 Minuten im Liegen versuche, damit sie einmal etwas aufgezeichnet hätten.

Ich fand eine Position in der ich liegen konnte, das Gerät zeichnete, mein Mann hielt mich, wie ich es wollte und ich konnte die Wehen gut verarbeiten.

Nach 10 Minuten wurde es unbequem. Ich kam nicht mehr zurecht und begann zu tönen, was mir bei der Hausgeburt immer gut geholfen hatte. Schnell wurde ich lauter. Drei Wehen später spürte ich, wie die Fruchtblase am Muttermund Druck aufbaute.

Die Wehen bewirken etwas

Erst jetzt hatte ich das Gefühl, dass meine Wehen nun da ankommen, wo sie wirken können. Zuvor  war das Baby so weit oben, dass kein wirklicher Fortschritt möglich schien.

Ich sagte meinem Mann, dass er jetzt sofort das CTG abmachen soll, was er auch tat. Dann begab ich mich für eine Wehe in den Vierfüßler, aber das Sofa war zu schmal. Die nächste Wehe versuchte ich nach hinten über die Lehne zu bewältigen, aber die Lehne war mir zu hoch. Also noch eine Wehe im Vierfüßler vorne übers Sofa, doch da schliefen mir die Arme ein. Es war alles unbequem und unbefriedigend.

Ich stand auf und wollte Pinkeln, denn mir fiel wieder ein, dass meine Hausgeburtshebamme darauf bestanden hat, regelmäßig die Blase zu leeren, um Platz zu machen und noch fühlte ich mich fit genug, mit diesen Wehen zum Klo zu laufen.

Also ging ich zur Toilette.

Sie war direkt beim CTG-Zimmer. Auf dem Klo erlebte ich eine Wehe, die sich im Sitzen nicht aushalten ließ. Ich musste mich hinstellen und während der Wehe kam Flüssigkeit. Ich dachte mir, wie praktisch, wenn ich in der Wehe pinkeln muss, dass ich da nun hier im Klo stehe. Aber es war nur Blut.

Mist, also muss ich doch nochmal aufs Klo. Neuer Versuch mich hinzusetzen, doch wieder kam eine Wehe, wieder kam Blut, vielleicht auch Urin. Alles lief in meine Hose.

In dem Moment trat die Hebamme ein, denn natürlich hatten sie vorne auf dem Bildschirm gesehen, dass ich das CTG entfernt hatte. Sie sah mich stehen und wollte, dass ich herauskomme und mich zur Untersuchung hinlege.

Mein Mann stellte sich in die Klotür und sagte, dass ich jetzt gerade nicht kann.

Sie hat das erstaunlicherweise tatsächlich hingenommen, sich Handschuhe angezogen und ihn gefragt, ob sie mich im Stehen untersuchen darf. Ich nickte, er ließ sie rein.

Die Hebamme tastete 7cm, rannte los, das Zimmer wurde voll.

Ich atmete während einer Wehenpause und hielt mich am Waschbecken. Ich jammerte, dass ich nicht mehr kann und will. Mein Mann grinste, Übergangsphase. Er stand wie ein Fels in der Tür und hielt alle Leute von mir fern, niemand wagte sich mit ihm anzulegen, alle warteten einfach bis der Rollstuhl da war.

Das ganze dauerte sicher keine 30 Sekunden, die Hebamme kam und sagte, ich solle versuchen herauszukommen, sie würden mich sitzend in den Kreißsaal fahren.

Mit nun 7cm war ich nun sogar bereit ihnen etwas entgegenzukommen. Ich dachte selbst, dass mir ein Positionswechsel gut täte, denn Stehen lag mir nicht, fand ich doof. Ich wollte gerne wieder in die Knie, aber auf den Fliesen und alles voll Blut, war es mir auch nichts.

Ich machte also einen Schritt in Richtung Tür und da kam eine Wehe.

Ich musste pressen, die Wehe hielt an.

Die Hebamme rief: Nicht pressen, sie haben 7cm! Ich dachte mir noch: Ja recht hat sie, 7cm ist doof zum Pressen, aber die Wehe hörte nicht auf, ich musste dem Druck nachgeben und schrie: Er kommt! Ich fühlte, wie er in den Geburtskanal trat, von oben durch mit einer einzigen Bewegung.

Nein, nein, alle waren sich einig, ich muss nur weiter, doch die Wehe ging nicht fort und ich schob, weil es nicht anders ging.

Da sah, ich wie sich eine Person vor mir auf den Boden warf

….und im nächsten Moment fühlte ich meinen Sohn, den Kopf am Scheidenausgang, die Hände der Person unter mir an mir und ich ließ einfach los.

Da schoss die komplette geschlossene Fruchtblase zwischen meinen Beinen hervor und landete im Schoß dieser Person.

Als die Füße herauskamen, platze die Fruchtblase und die Frau unter mir fing meinen Sohn mit ihrem ganzen Körper auf, bevor er auf den Boden fallen konnte.

Ich stand, atmete einmal durch, dann nahm ich ihn ihr aus dem Arm.

Er war so klein, so glitschig, so perfekt.

Ich sah, dass auch schon die Plazenta geboren war, hatte sie wohl auch am Rande wahrgenommen. Sie war gemeinsam mit ihm und der Fruchtblase geboren worden.

Ich hielt meinen kleinen Sohn im Arm und sah mir erstmals die Frau an, die so geistesgegenwärtig gewesen war, mir zu glauben. Eine ganz junge Hebammenschülerin, von oben bis unten voll mit Fruchtwasser und Blut.

Ich blickte auf und sah, dass mich sicher 8 bis 12 Mann Kreißsaalpersonal anstarrte, das vor der Klotür stand und alle sahen ziemlich überrascht aus.

Ich sagte: Jetzt kann ich laufen, wo soll ich hin?

Was für ziemliches Gelächter sorgte und mir wurde dann der Rollstuhl angeboten, den ich dankend annahm. Irgendwer fragte, ob jemand auf die Uhr gesehen hätte und man einigte sich auf ca. 22.45 Uhr als Geburtszeit.

Irgendwer brachte ein Handtuch, mein Mann sagte: Wir haben unser eigenes, also liefen direkt zwei Schülerinnen los und holten unser rotes Handtuch, was ich auf das Sofa gelegt hatte.

Unser Sohn lag da, nackt und glitschig, ganz ruhig atmend, warm.

Jemand kam mit Nabelklemmen, ich sagte: Nein, Nabelschnur soll dran bleiben, die Nabelklemmen verschwanden sofort aus meinem Sichtfeld.

Erstmal ankommen

Wir wurden in einen Kreißsaal gefahren, ich kletterte ins Bett und durfte erstmal ankommen.

Unser Sohn war immer noch reglos, atmete zwar, aber auch nur wenig, war ganz still, Augen geschlossen. Ich bemerkte das zwar, aber war zu keinem Zeitpunkt verunsichert oder hatte das Gefühl, dass etwas nicht stimmt.

Ich wurde in Ruhe gelassen, erst nach einigen Minuten wurden die Hebamme und der Arzt langsam unruhig, weil keine Reaktion von ihm kam. Ich bemerkte das und ich konnte sie verstehen, sagte ihnen aber, dass ich mir sicher bin, dass er nur kurz braucht.

Nach über 5 Minuten bat mich der Arzt, kurz einmal nach dem Kleinen sehen zu dürfen, er würde sich nun Sorgen machen. Ich war damit vollkommen ok, konnte ihn verstehen und war mir trotzdem sicher, dass es meinem Kind gut geht. Er hob ihn vorsichtig auf die Seite packte ihn aus und pustete ihn an, rubbelte etwas seinen Rücken.

Der Kleine war hartnäckig und reagierte weiter nicht. Der Arzt blieb ganz ruhig, rubbelte seinen Rücken, eine Schwester öffnete das Fenster, sie pusteten und spritzen etwas Wasser ins Gesicht.

Nur die ältere, etwas ruppige Hebamme wurde langsam panisch. Sie wollte unbedingt abnabeln, was ich dann erlaubte, weil die Plazenta ja eh schon lange geboren war.

Unser Sohn reagierte dann irgendwann endlich mit einem leichten Krähen, der Arzt war zufrieden, sofort kam er auf meine Brust zurück und dort tat er dann einen einzigen und wirklich kräftigen Schrei, was beim gesamten Personal zu einem lauten Seufzer der Erleichterung führte und mir nun endlich Ruhe bescherte.

Wir lagen also da und bewunderten uns gegenseitig. Er hatte nun recht schnell die Augen offen.

Die Hebammenschülerin hatte sich inzwischen umgezogen und kam zum Gratulieren.

Im Laufe der nächsten zwei Stunden kam einer nach dem anderen vom Personal zum Gratulieren vorbei. Ich glaube die gesamte Belegschaft hatte unsere flotte Geburt miterlebt.

Die Hebammenschülerin wich nicht mehr von unserer Seite und irgendwann fragte ich sie, wie sie heißt, denn es interessierte mich dann doch, wer unseren Sohn aufgefangen hat: Johanna!

Sie erzählte, dass dies ihre 40. Geburt ist und sie somit nun international als Hebamme arbeiten darf und ihr Examen machen kann.

Noch dazu war es die aller erste Geburt, die sie im Stehen miterlebt hat.

Ich glaub, uns vergisst sie so schnell nicht.

Der Arzt kam in der Zwischenzeit, gratulierte und untersuchte mich auf Geburtsverletzungen. Mein alter Dammriss war aufgerissen und er riet mir zum Nähen.

Nach 2 Stunden erfolgte die U1. Ich erkundigte mich, wie lange wir wohl bleiben müssen bzw. wie oft sie eine Überprüfung des Blutzuckers empfehlen würden.

Bei der U1 krabbelte ihnen der Kleine fast von der Waage, der Blutzucker war prima, er hatte ja auch bereits mehrfach gestillt. Und so einigten wir uns darauf, dass wir den 4 Stunden-Wert noch abwarten würden und er von einer Kinderärztin angeschaut wird bevor wir heim gehen.

Endlich heim

Die Kinderärztin kam und untersuchte unseren Sohn. Vor lauter Begeisterung über seinen guten Zustand vergaß sie, den Blutzucker zu bestimmen. Da unser Sohn aber weiterhin alle paar Minuten stillte und die Milch schon gut floss, gab es da eh nicht viel Bedenken.

Und so machten wir uns etwas über 4h nach seiner sehr rasanten Geburt fit und fröhlich auf den Heimweg.

Mir ging es so gut, ich war kein bisschen angestrengt oder geschafft. In dem Moment wo unser Sohn geboren war, fühlte ich mich einfach voller Kraft, fit, energiegeladen.

Es fühlt sich wie eine wirklich tolle und selbstbestimmte Geburt an.

 

Nachtrag:

Ich hatte zwar mitbekommen, dass die Hebamme während der Geburt irgendwas von mir wollte. Das konnte ich aber gut ausblenden, weil mein Mann sich die ganze Zeit schützend vor mich gestellt hat. Zum Glück vertrat mein Mann meine Wünsche vor dem Personal mit so viel Nachdruck und Gelassenheit vertreten, so dass niemand auf die Idee kam, mich wirklich zu drängen oder anzufassen.

Auch nach der Geburt wurden unsere Wünsche beachtet, wir wurden respektvoll und freundlich behandelt und keine unserer Entscheidungen wurde irgendwie missmutig oder ungut aufgenommen, sondern höchstens erfolgte eine freundliche Aufklärung über die Alternative oder die Empfehlung und dann wurde unsere Entscheidung anstandslos akzeptiert.

So hatte ich trotz all meiner Angst vor dem Apparat Uniklinik und der frühen Einleitung eine wirklich schöne Geburt.

Zu den Risikofaktoren sei noch gesagt:

Es war wirklich verdammt viel Fruchtwasser! Ja!
Und die Plazenta war unglaublich winzig. Wenn ich mich daran erinnere, wie die Plazenten meiner anderen beiden Kinder aussahen, die ja 4 Wochen länger im Bauch waren, kann ich verstehen, dass diese hier in den letzten Wochen anfing, den Dienst zu versagen.

Auch wurde die Plazenta gemeinsam mit der Fruchtblase und dem Kind geboren. Wenn ich bedenke, wieviel Blut während der letzten Wehen mit kam, war der rasche Rauswurf unseres Sohnes vermutlich ein kluger Schachzug meines Körpers, denn die Plazenta muss sich schon vorher gelöst haben.

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