Ultraschall. Blutdruckmessung. Zuckertest. CTG. Blutentnahme. – Wer schwanger ist, durchläuft heutzutage eine schier endlos scheinende Liste an Untersuchungen. Im Zustand nach einem oder mehreren Kaiserschnitten kommen oftmals weitere Angebote hinzu. Kennst Du den wirklichen Nutzen dieser Angebote, bist Du klar im Vorteil.
Anja hält ihren Schwangerschaftstest in der Hand und wartet gespannt auf das Ergebnis. Da ist es: Zwei dünne blaue Linien! Kein Zweifel! Positiv!
Doch schon wenige Tage später mischen sich erste Sorgen unter Anjas Freude. Ihr Sohn, der zweijährige Theo, kam durch einen ungeplanten Kaiserschnitt zur Welt.
Nun fragt sich Anja, was wohl während dieser Schwangerschaft auf sie zukommt und ob sie einen zweiten Kaiserschnitt vermeiden kann.
Werden besondere Untersuchungen nötig sein und gibt es bereits während der Schwangerschaft spezielle Risiken?
Wie Anja ergeht es 10% aller Schwangeren. So hoch ist der Anteil jener Mütter, die bereits einen Kaiserschnitt in ihrer Vorgeschichte hatten.
Doch ist eine Schwangerschaft mit einem Kaiserschnitt in der Vorgeschichte wirklich so anders? Und sind deshalb zusätzliche Untersuchungen beim Frauenarzt vorgesehen?
Die meistens Frauenärzte und Hebammen sehen das zum Glück ziemlich entspannt.
Auch Anjas Ärztin konnte sie beruhigen: „Eine Schwangerschaft nach einem vorherigen Kaiserschnitt ist eigentlich eine ganz normale Schwangerschaft. Der einzige Unterschied ist die Existenz der Narbe an der Gebärmutter.“
Ängste und Sorgen während der Schwangerschaft
Dennoch zeigt die Erfahrung: Jede Mutter, die bereits eine Schwangerschaft und eine Geburt erlebt hat, ist kein unbeschriebenes weißes Blatt mehr.
Es ist gerade nicht so, dass wir zwangsläufig mit jeder weiteren Schwangerschaft und Geburt gelassener werden, sondern die Erlebnisse der vorherigen Schwangerschaften und Geburten wirken sich auf die aktuelle Schwangerschaft aus.
So lange wir das nicht als belastend empfinden und gut damit umgehen können, besteht kein Grund zu Sorge.
Etwas anderes ist es, wenn unbearbeitete Erfahrungen oder gar Traumata von vorherigen Schwangerschaften oder Geburten aktuell reaktiviert werden. Hier ist die Verarbeitung sehr wichtig. Ansprechpartnerinnen findest Du z.B. auf meiner Netzwerkseite.
Was Du selbst tun kannst und welche Schritte Dir als erste Hilfe Maßnahmen weiter helfen können, darüber werde ich in einem der nächsten Blogartikel berichten.
Zum Umgang mit Ängsten findest Du einige Anregungen im Gastbeitrag von Renate Richter: Wie Du Selbstbestimmt und Natürlich nach Kaiserschnitt gebären kannst.
In diesem Artikel soll es darum gehen, welche körperlichen Veränderungen eine Schwangerschaft nach Kaiserschnitt besonders machen können und welchen Sinn und Nutzen zusätzliche medizinische Untersuchungen haben können.
Die Kaiserschnittnarbe
Eines vorab: Dass die Narbe an der Gebärmutter bereits während einer Schwangerschaft auseinanerweicht und es deshalb zu Komplikationen kommt, ist extrem selten.
Was Mütter jedoch häufiger beobachten, sind leichte Schmerzen, ein Stechen oder Ziehen im Narbenbereich. Diese Wahrnehmungen können verunsichernd sein und Dich Komplikationen befürchten lassen.
Allerdings ist die Ursache für die Beschwerden in den allermeisten Fällen recht harmlos:
Bei der Heilung jeder Wunde bilden sich Verklebungen mit den umliegenden Gewebsschichten und beim Kaiserschnitt sind davon gleich mehrere Schichten betroffen.
Ausserdem erfolgt die Wundheilung nach einem Kaiserschnitt im nicht mehr schwangeren Zustand des Körpers. Das bedeutet, während der Heilung ist der Bauch wieder flacher und die Gebärmutter befindet sich in Rückbildung.
Durch das erneute Wachstum des Bauches kommt es nun zu einer langsamen Dehnung der Gewebsschichten untereinander, wodurch das verklebte Gewebe unter Umständen ziehen und zwicken kann.
Manche Frauen hilft es, ihre Narbe zu massieren. Das geht mit speziellen Narbengels aus der Apotheke oder auch einem Öl, z.B. Mandelöl.
Sich mit der Narbe zu beschäftigen und sie zu massieren, kann auch dazu beitragen den vorherigen Kaiserschnitt besser anzunehmen.
Ist Dir die Berührung der Narbe unangenehm, kannst Du Dich vorsichtig von aussen an die Narbe heran tasten. Es ist sehr wichtig, dass Du Dich selbst nur an den Stellen berührst, die Dir angenehm sind.
Dabei kannst Du beobachten, welche Gefühle sich zeigen. Es kann sein, dass da zunächst einmal gar nichts passiert aber nach und nach Deine Gefühle zum Vorschein kommen.
Vielleicht fühlst Du Dich auch sehr unsicher und würdest gern alle möglichen Untersuchungen ausführen lassen, um besser abschätzen zu können, welche Chance auf eine natürliche Geburt bei Dir bestehen.
Aber jede Untersuchung hat zwei Seiten. Im günstigsten Fall wird Dich das Ergebnis beruhigen und auf Deinem Weg bestärken. In anderen Fällen können Dich Messergebnisse verunsichern und Deinen Glauben an Dein Baby, Deinen Körper und Deine innere Kraft erschüttern.
Deshalb werde ich im Folgenden aufzählen, welche Untersuchen hilfreich sein können und welche eine begrenzte Aussagekraft haben.
1. Narbenmessung mittels Ultraschall
Für die Anwendung der Narbenmessung in der Praxis konnte bisher kein einheitlicher Standart entwickelt werden.
Was man inzwischen jedoch weiß: Das Risiko für eine Dehiszenz (das Auseinanderweichen der Narbe) oder für eine Ruptur steht in umgekehrtem Verhältnis zur Dicke der Narbe.
Allerdings waren die Messmethoden in den einzelnen Studien bisher unterschiedlich. Auch die dabei ermittelten Grenzwerte unterschieden sich (Jastrow et al., 2016).
Zudem zeigt die Erfahrung, dass die Beschaffenheit der Narbe nur ein Kriterium unter vielen anderen ist, um die Chancen für eine erfolgreiche VBAC (vaginal birth after cesarean; natürliche Geburt nach Kaiserschnitt) abzuschätzen (RCOG Guideline 2017).
Deshalb raten die Forscher um N. Jastro in einem Editorial von 2016 davon ab, die Messung der Dicke des unteren Uterinsegmentes als einzigen Vorhersageparameter für das Standhalten der Kaiserschnittnarbe zu verwenden (Jastrow et al., 2016).
Mit anderen Worten: Die Messung der Narbendicke ist in der Praxis nicht ausreichend erprobt und liefert als alleinige Methode nicht genügend Erkenntnisse, um das Standhalten der Narbe sicher vorher zu sagen.
2. Vermessung des mütterlichen Beckens
Abgesehen davon, dass während der Schwangerschaft sowieso keine nicht dringlichen Röntgenuntersuchungen erfolgen sollten und ein MRT des Beckens (welches allerdings genauere Messungen erlaubt), zumeist von den Krankenkassen nicht übernommen wird, haben diese Untersuchungen nur eine sehr begrenzte Aussagekraft.
Siehe auch mein Blogartikel Beckenmessung: Da passt doch kein Kind durch!
Warum ist das so?
- Weil sich die Kopfform des Kindes während der Geburt an das mütterliche Becken anpasst.
- Weil sich das mütterliche Becken bereits während der Schwangerschaft weitet. Dabei sorgen die Schwangerschaftshormone für eine Lockerung der Symphysen (Knochenspalten) und Bänder, welche die einzelnen Beckenknochen zusammen halten.
- Weil durch eine Änderung der Körperhaltung der Mutter die geburtshilflich relevanten Abstände des Beckens beträchtlich variieren. So macht es einen Unterschied, ob eine Mutter auf dem Rücken liegt (wie beim üblichen Röntgen oder einer MRT-Untersuchung) oder ob sie sich im Vierfüßlerstand befindet oder eine andere aufrechte Positionen einnimmt.
Das erklärt auch, warum ein Teil der Frauen, deren Becken laut Untersuchungen für zu eng geschätzt wurde, trotzdem einfache und unkomplizierte Geburten erlebt haben. (siehe auch der Geburtsbericht von Simone auf meinem Blog) (Literaturangabe)
3. Schätzung des kindlichen Geburtsgewichtes
Gewichtsschätzungen des Kindes im letzten Drittel der Schwangerschaft mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung sind mit einer großen Ungenauigkeit behaftet und haben deshalb nur geringe Vorhersagekraft für die Entscheidung zu einer VBAC (RCOG Guideline).
Die Schätzungen können bis zu 15% vom tatsächlichen Gewicht des Kindes abweichen. Das bedeutet, ein Kind, dass bei seiner Geburt 3 kg wiegt, kann mit Werten zwischen 2550 g und 3450g Gewicht geschätzt werden. Ein Kind, das bei seiner Geburt 4 kg wiegt, könnte sogar auf bis zu 4600g geschätzt worden sein.
Deshalb wird von Gewichtsschätzungen mittels Ultraschall im letzten Trimester abgeraten, weil sie eher zur Verunsicherung, als zur Bestätigung der Mutter beitragen (RCOG Guideline).
4. Feststellung der Lage der Plazenta mittels Ultraschall
Wirklich sinnvoll ist die Feststellung der Lage der Plazenta mittels Ultraschall ab der 30. Schwangerschaftswoche.
Nicht nur, wenn eine natürliche Geburt geplant ist, sollte bekannt sein, wo die Plazenta liegt.
Auch bei einem Kaiserschnitt sollte der Operateur idealerweise wissen, ob er bei der Eröffnung der Gebärmutter unter Umständen direkt aus die Plazenta trifft.
Im Zustand nach einem Kaiserschnitt kommen Einnistungsstörungen der Plazenta etwas häufiger vor, als bei Müttern ohne diese Vorgeschichte. Diese Einnistungsstörungen können nach der Geburt zu schweren mütterlichen Blutungen führen. Deshalb ist es wichtig, vor der Geburt über die Lage der Plazenta und ihre Eindringtiefe ins Gewebe der Gebärmutter Bescheid zu wissen.
Auch Anja und ihre Ärztin besprechen ausführlich die Vor- und Nachteile möglicher Untersuchungen. Am Ende entscheidet sich Anja für eine kombinierte Vorsorgelösung zwischen Ärztin und Hebamme. Sie hofft, dass der vereinbarte Ultraschall der Plazenta unauffällig sein wird, damit einer natürlichen Geburt nichts entgegen steht.
Und welche Untersuchungen wurden Euch angeboten? Was war Euch wichtig? Was hat Euch verunsichert? Kommentiert gerne hier unter dem Blogbeitrag.
- Green_top Guideline, No 45, Birth after Previous Caesarean Birth, Royal College of Obstetricians & Gynaecologists
- Jastrow, N., Vikhareva, O., Gauthier, R. J., Irion, O., Boulvain, M. and Bujold, E. (2016), Can third-trimester assessment of uterine scar in women with prior Cesarean section predict uterine rupture?. Ultrasound Obstet Gynecol, 47: 410–414. doi:10.1002/uog.15786
Ich habe vor einiger Zeit meine Tochter geboren. Interessant, dass man bei einem Kaiserschnitt auch einige Nachuntersuchungen hat. Dies war mir über Ultraschalluntersuchungen gar nicht bewusst.