Die Geburt des ersten Kindes … Das ist für viele Mütter eins der schönsten Erlebnisse in ihrem Leben. Einige andere denken aber vielleicht auch nicht so gern daran zurück. Viel zu schmerzhaft können die Erinnerungen an den ungeplanten und fremdbestimmten Kaiserschnitt sein.
Beim nächsten Mal soll daher alles anders laufen. Der sehnlichste Wunsch beim zweiten Kind: Eine selbstbestimmte natürliche Geburt.
Im direkten Umfeld raten allerdings manche davon ab. Das sei zu gefährlich. Mütter sind dann oft verunsichert und fragen sich: „Ist eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt überhaupt möglich?“
Ja, das ist sie und in diesem Artikel erfährst Du, was Du dabei beachten solltest, welche möglichen Risiken es gibt und ich gebe Dir wertvolle Tipps, wie die natürliche Geburt gelingen kann.
Was versteht man unter einer natürlichen Geburt nach einem Kaiserschnitt?
Im alltäglichen Sprachgebrauch wird eine natürliche Geburt oft mit einer vaginalen Geburt gleichgesetzt. Die vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt wird auch VBAC (vaginal birth after cesarian) genannt.
Früher haben Fachleute angenommen, dass es nach einem Kaiserschnitt für Frauen zu riskant sei, normal zu gebären. Viele Frauen wünschen sich das allerdings und bringen ihre Babys inzwischen auf natürliche Weise zur Welt.
Ist eine normale Geburt nach einem Kaiserschnitt überhaupt möglich?
Wichtig bei der Einschätzung ist, individuell auf die Situation zu schauen. In diesen Fällen stehen die Chancen für eine natürliche Geburt gut:
- Die Kaiserschnittnarbe ist gut abgeheilt – das ist nach etwa drei Monaten der Fall. Lass Dich gern von Deiner Hebamme beraten, wenn Du Dir nicht sicher bist.
- Die Mutter bekommt schon ihr drittes Kind und die vorherige Geburt war bereits eine Spontangeburt nach einem Kaiserschnitt.
- Der vorherige Kaiserschnitt wurde durchgeführt, weil es einen Notfall gab, eine Beckenendlage vorlag oder Zwillinge auf dem Weg waren.
- Mutter und Baby sind gesund.
Sind diese Kriterien erfüllt, spricht erst einmal nichts gegen eine natürliche Geburt nach einem vorangegangenen Kaiserschnitt.
Welche Gründe sprechen für eine Spontangeburt nach einem Kaiserschnitt?
Es gibt viele gute Gründe, die für eine normale Geburt auch nach einem Kaiserschnitt sprechen:
- Du umgehst eine schmerzhafte Bauchoperation.
- Das Risiko einer Infektion ist geringer.
- Der Blutverlust ist in der Regel kleiner.
- Es bildet sich seltener ein Blutgerinnsel.
- Kinder, die auf natürliche Weise geboren werden, zeigen seltener Anpassungsstörungen.
- Es kommt zu weniger mütterlichen Komplikationen (zum Beispiel Beschädigungen der Blase).
- Der Körper erholt sich wesentlich schneller als nach einem Kaiserschnitt.
Welche Gründe sprechen gegen eine normale Geburt nach einem Kaiserschnitt?
So sehr Du Dich auch auf eine natürliche Geburt vorbereitest, in manchen Fällen kann der erneute Kaiserschnitt der geeignetste Weg für Dich und Dein Baby sein. Besonders, wenn:
- die Plazenta den Geburtskanal blockiert.
- die Ursache für den ersten Kaiserschnitt noch immer existiert.
- es ein erhöhtes Risiko gibt, dass die Gebärmutterwand reißen könnte (Uterusruptur). Das kann bestehen, wenn:
- die komplette Gebärmutter längs geöffnet wurde beim vorangegangenen Kaiserschnitt. Das kommt aber nur sehr selten vor.
- es zur Ruptur gekommen ist, weil die Kaiserschnittnarbe während der Spätschwangerschaft oder der Wehen der vorherigen Schwangerschaft nicht standgehalten hat.
- die Wand der Gebärmutter beim Entfernen eines Myoms (ein gutartiger Tumor der Gebärmutterwand) völlig durchtrennt wurde.
Diese und weitere Gründe können leider dazu führen, dass ein Kaiserschnitt doch notwendig wird – auch wenn sich das alle Beteiligten vielleicht anders gewünscht haben.
Warum kann Dir als Mutter nach einem Kaiserschnitt eine normale Geburt gelingen?
Stellst Du Dir auch oft die Frage, warum es ausgerechnet bei Dir mit einer natürlichen Geburt nach dem Kaiserschnitt klappen sollte?
Ich verrate Dir ein paar gute Gründe:
- Dein Baby kennt instinktiv nur diesen einen Weg.
- Dein Körper ist für eine natürliche Geburt geschaffen.
- Dein Baby ist für eine vaginale Geburt geschaffen.
- Millionen von Frauen auf der ganzen Welt haben bereits natürlich geboren. Warum nicht auch Du?
- Du stehst in einer Reihe mit Deinen Ahninnen, die bis auf wenige Ausnahmen alle natürlich geboren haben.
Die Frage ist also nicht, ob Du es schaffen kannst, sondern, was Dich davon abhalten könnte, eine natürliche Geburt zu erleben.
Daher ist es wichtig, Dir eine geburtsfreundliche Umgebung zu schaffen. In dieser Umgebung sollte Dein Körper ungestört arbeiten können, sodass Du Dich ganz auf die natürliche Geburt einlassen kannst.
Dann heißt es für Dich: Loslassen und die Geburt so annehmen, wie sie kommt. Nicht mehr und nicht weniger.
Wie kannst Du Dich auf eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt vorbereiten? – 4 Tipps
Diese vier Tipps können Dir helfen, nach einem Kaiserschnitt eine normale Geburt zu erleben:
- Verarbeite Deine Kaiserschnittgeburt. Dann kannst Du Deine nächste Schwangerschaft und Geburt deutlich angstfreier und unbelasteter erleben. Verdeutliche Dir, warum der Kaiserschnitt gemacht wurde, was beim vorherigen Mal gut geklappt hat und was beim nächsten Mal besser laufen kann. Ist das für Dich allein zu schmerzlich oder fühlst Du Dich traumatisiert, lass Dich von Deiner Hebamme oder Doula unterstützen.
- Schau Dir an, welche Geburtsmöglichkeiten es nach einem Kaiserschnitt gibt. Lass Dich dazu von ÄrztInnen und/oder der Hebamme Deines Vertrauens umfangreich beraten. Hol Dir auch gern eine Zweitmeinung ein.
- Mach Dir klar, was bei einer natürlichen Geburt in Deinem Körper abläuft (körperlich und psychisch). Wie werden geburtsfördernde Hormone ausgeschüttet? Was stört diesen Ablauf? Schaffe Dir optimale Bedingungen, die Du für eine normale Geburt brauchst.
- Bereite Dich organisatorisch, körperlich und vor allem mental gut auf eine natürliche Geburt vor. Kennst Du Deinen Körper gut, spürst Du Deine eigenen Bedürfnisse und die Deines Babys viel besser und kannst für sie einstehen oder Deine Vertrauensperson bitten, Dich dabei zu unterstützen.
Du möchtest gerne einen weiteren Kaiserschnitt vermeiden und eine selbstbestimmte natürliche Geburt nach Deinem Kaiserschnitt erleben? Dann schau Dir gern meinen Online-Kurs an, der Dich bei der Vorbereitung anleitet und begleitet.
Wie lange solltest Du nach einem Kaiserschnitt warten, bis Du wieder schwanger wirst?
Ein Kaiserschnitt ist eine große Bauchoperation. Wie nach jeder OP braucht Dein Körper Zeit, bis er wieder verheilt ist. Die Kaiserschnittnarbe ist zwar bereits nach wenigen Wochen zugewachsen. Der innere Heilungsprozess der tieferliegenden Schichten braucht allerdings länger. ÄrztInnen empfehlen deshalb, mindestens drei Monate zu warten, bis Du versuchst, erneut schwanger zu werden.
Wo kannst Du nach einem Kaiserschnitt Dein Baby natürlich zur Welt bringen?
Es kommt auf Deine persönliche Situation und Vorgeschichte an. Spricht aus medizinischer Sicht nichts dagegen, stehen Dir zum Beispiel folgende Möglichkeiten für eine normale Geburt nach einem Kaiserschnitt offen:
- im Krankenhaus
- im Geburtshaus
- als Hausgeburt
Besprich am besten mit Deinen ÄrztInnen und Deiner Hebamme die Vor- und Nachteile und welcher Weg für Dich der beste ist.
Wie kannst Du als Hebamme oder ÄrztIn Betroffene bei einer Spontangeburt nach einem Kaiserschnitt unterstützen?
Du bist ÄrztIn, Doula oder Hebamme und fragst Dich, wie Du werdende Mütter bestmöglich bei ihrem Wunsch unterstützen kannst, eine natürliche Geburt zu erleben?
Aus Deiner beruflichen Erfahrung weißt Du bestimmt, wie einschneidend, schmerzhaft oder sogar traumatisch eine Kaiserschnittgeburt sein kann. Ganz besonders, wenn es ungeplant so kommt und alles sehr schnell gehen muss. Für viele Frauen ist das kein schönes Erlebnis und sie fühlen sich häufig um die Geburt ihres Kindes betrogen.
Wenn sie nun überlegen, nach dem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt zu wählen, brauchen sie vor allem jemanden, der ein offenes Ohr hat, sich Zeit für sie und ihre Fragen nimmt und Empathie für ihre Situation zeigt. So kannst Du sie gut begleiten:
- Berate Deine PatientInnen ausführlich nach den verschiedenen Leitlinien zur Geburtsbegleitung nach einem Kaiserschnitt. Kläre sie behutsam über das erhöhte Risiko einer Uterusruptur und die Morbidität der Mütter auf. Informiere sie aber auch darüber, wie gut die Chancen für sie stehen, ihr Baby natürlich auf die Welt zu bringen.
- Stelle die Risiken nicht in den Fokus, sondern bestärke die Mütter und stelle mit ihnen gemeinsam ihre persönlichen Stärken heraus.
- Bleib bei deiner Beratung auf jeden Fall neutral und beantworte aufkommende Fragen ehrlich, aber ohne den Müttern Angst zu machen.
- Geh einfühlsam auf Ängste und Sorgen der werdenden Mütter ein, höre zu und zeige Verständnis.
- Biete an, die Eltern auf ihrem individuellen Weg zu begleiten und unterstützen – egal für welche Geburtsmethode sie sich entscheiden.
Fazit: Eine natürliche Geburt ist auch nach einem Kaiserschnitt möglich
Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt – das ist eine veraltete Aussage. Heute ist es durchaus möglich, auch nach einem Kaiserschnitt dein Baby natürlich zu gebären, wenn keine triftigen Gründe dagegen sprechen.
Informiere Dich rechtzeitig und ausgiebig. Dann wähle die für Dich und Deine Situation passende Methode aus.
Und vergiss nicht: Jede Schwangerschaft und jede Geburt verlaufen anders. Vertrau auf Dich und Deinen Körper. Ich wünsche Dir viel Kraft und gutes Gelingen.
0 Kommentare