Rückblick
Mein Ältester kam im April 2003 wegen Bel per Sectio auf die Welt. Heute weiß ich, dass das kein Grund für einen Kaiserschnitt gewesen ist
Mein Mittlerer kam genau 3 Jahre und 8 Tage später auch per Sectio auf die Welt bei ET+16, nachdem tagelang eingeleitet wurde und ich keine einzige Wehe bekommen habe.
Meine 3. Jüngste kam 2010 in der 38. SSW auch per Sectio auf die Welt, weil ich starke Schmerzen in der Narben-Gegend hatte.
Bei allen 3 Kindern hatte ich keine Art von Wehen gehabt. Es war mir wichtig gewesen, wenigstens eines meiner Kinder spontan und natürlich auf die Welt zu bringen, weil wir dafür geschaffen worden sind. Die Natur will es so und ich auch. Meine Oma, Mutter sowie Schwestern konnten es, wieso sollte ich es nicht bei mir klappen?
Diese Geburt sollte anders verlaufen
Am 20.05.2017 stellte ich die Schwangerschaft fest. Diese Geburt sollte anders verlaufen, und dementsprechend hatte ich mich vorbereitet. Ich wollte nicht wieder eine unbegründete Sectio. Die Schwangerschaft verlief super und komplikationslos bis auf kleine Wehwehchen. Ungefähr in der 30. SSW merkte ich, wie mein Körper sich auf die Geburt vorbereitete. Ich schrie vor Freude, ich hatte endlich Übungswehen. 3 Schwangerschaften habe ich auf jegliche Art von Wehen gewartet und boom, da hatte ich sie. Ich habe es als ein positives Zeichen gesehen.
Ich bin nicht begeistert, aber dann machen wir das halt,…..
Voller Vorfreude bin ich zusammen mit meinem lieben Mann in der 34. SSW zum Geburtsplanungsgespräch in die Klinik gegangen. In der Klinik angekommen, wurde ich von einer Ärztin empfangen, die total gegen meinen Versuch war und die Meinung vertrat, dass es so etwas wie VBA3C nicht hier in Deutschland gibt. Ich sagte „Tatsache ist, dass es das gibt und es spielt keine Rolle, ob in Deutschland oder im Ausland“! Ich bat Sie, den Chefarzt dazu zu rufen, und keine 5 Minuten später war er da. Er sagte ohne großes Gerede „Ja, wir probieren das gerne mit Ihnen“. Ich brauchte noch nicht einmal mit Daten und Fakten ankommen. Mein Gott, ich war der glücklichste Mensch auf Erden und hätte vor Freude alle küssen können. Die andere Ärztin sagte dann in einem herablassenden Ton „ Ich bin nicht begeistert, aber dann machen wir das halt, und kommen sie am ET wieder zur weiteren Besprechung“.
Am ET den 15.01.2018 war ich zum letzten Mal bei meinem Arzt. Der Befund war noch wie vor 2 Wochen, Gebärmutter steht noch und Muttermund fingerdurchlässig. Er sagte zu mir „Sie brauchen nur noch die perfekte Wehe zum Anstupsen“ und drückte mir noch die Überweisung für die Klinik in die Hand. An dem Tag sollte ich mich auch in der Klinik vorstellen, um zu besprechen wie es weiter geht. Dort angekommen, wurde ich schon von dem Chefarzt in Empfang genommen. Er bot mir an, mit der Einleitung anzufangen, was ich aber abgelehnt habe. Er wollte aber, dass bei ET +7 eingeleitet wird. Nun ja, ich dachte bis dahin kann sicher noch viel passieren und von selbst losgehen, weil ich ja auch schon regelmäßige Wehen hatte, nur nicht muttermundswirksam.
Einleitungsversuch bei ET+7
Am Montag, dem 22.01.2018 also ET+7 ging ich zur Einleitung in die Klinik. Ich war total aufgeregt an diesem Morgen und konnte die Nacht zuvor auch nicht schlafen. Im Kreißsaal angekommen, traf ich auf die Ärztin, die gegen meinen Versuch war, und zu meinem Pech hat sie die Einleitung an mir vorgenommen. Sie machte ein CTG und untersuchte mich. Nach einer Weile ging sie raus um noch eine weitere Ärztin dazu zu rufen.
Ich hörte noch wie die beiden vor der Tür sich über mich unterhalten haben und wie meine „Lieblings-Ärztin“ zu der anderen lachend sagte „Ja nach 3 Sectio“. In dem Moment wäre ich am liebsten aufgestanden und gegangen. Aber irgendetwas hat mich davon abgehalten. Ich saß auf dem heiß begehrten Stuhl und um mich herum standen 4 Personen. Die Ärztin begann unsensibel mit der Einleitung und setzte mir 3 Dilasoft Stäbchen zur Erweiterung des Muttermunds ein. Danach sollte wieder ein CTG geschrieben werden, und ich sagte zu der Hebamme (Schülerin) dass ich dabei gerne sitzen möchte, „gar kein Problem“ sagte sie ganz lieb zu mir. Keine 5 Minuten später kam eine ältere Hebamme und sagte in einem Befehlston zu mir „hinlegen auf die Seite“ und weg war sie. „Ok was war das denn gerade für ein Meisterauftritt bitte?“
Es hat mich zugegebenermaßen eingeschüchtert, und ich fühlte mich alleine.
Es verging über 1 Std und ich hing immer noch am CTG. Ich klingelte und sagte, dass ich jetzt gerne aufstehen würde. In einem respektlosen Ton sagte die Hebamme, dass sie mich vergessen hat und auch noch anderes zu tun hätte.
Bitte? Wo bin ich denn hier gelandet? Im Zimmer angekommen, fing ich nur noch an zu weinen und bereute, diesen Schritt gegangen zu sein. Ich wollte nach Hause oder wenigstens einen lieben Menschen in meiner Nähe haben. Ich ging hinaus, um einen freien Kopf zu bekommen. Diese frische kalte Winterluft hat mir gut getan. Ich ging hinauf in mein Zimmer, in dem noch eine andere Frau mit ihrem Baby lag und Besuch hatte. Ich fühlte mich irgendwie unwohl dabei, bei ihrem Besuch meine Wehen zu veratmen. Zum Abend hin wollte ich ein wenig schlafen, aber den Plan hatte ich ohne das Baby meiner Bett-Nachbarin gemacht, und das war meine 2. schlaflose Nacht.
Weiter mit Gel
Am Dienstagmorgen, dem 23.01.2018 ging ich in den Kreißsaal. Dort wurde geprüft, ob die Einleitung mit Stäbchen etwas gebracht hat. Gott sei Dank untersuchte mich eine ganz andere liebe Ärztin. Der Befund war mies, es hatte sich gar nichts getan am Muttermund, weil die Stäbchen nicht richtig eingesetzt worden sind. Die Enttäuschung war groß, aber Aufgeben war keine Option für mich. Letztendlich blieb ich, und es wurde weiter mit Gel eingeleitet. Nach dem CTG ging ich auf mein Zimmer und siehe da, ein Zimmer für mich ganz alleine. Juhu, ich zückte mein Handy, ließ mein Lieblingslied Despacito laufen und tanzte mich in den Wehen. Ich liebte diese Wehen, auch wenn das nicht meine eigenen waren.
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Nachmittags gegen 16 Uhr sollte ich zur zweiten Gel Gabe wieder in den Kreißsaal kommen, und immer noch ein ernüchternder Befund. Warum tut sich denn da nichts? Die Wehen waren schon ordentlich in der Intensität, nur ohne Wirkung. Nach der 2. Gel-Gabe überrollte mich eine Wehe und ich dachte, das könnte es sein. Noch im Kreißsaal am CTG rief ich meinen Mann an, er möge bitte die Kinder unterbringen und sofort zu mir kommen. Ich wollte nicht mehr alleine bleiben. Nach 2 Std. kam endlich mein Mann zur Unterstützung. Bis dahin waren die Wehen auch wirklich stark, aber noch gut auszuhalten, und ich konnte mich noch gut auf die Atmung konzentrieren. Wir liefen die Treppen hoch und runter, gingen auch durch den Park spazieren und wehte weiterhin. Ich fragte mich, warum ich denn von allen Menschen hier so angeguckt werde. Haben die denn noch nie eine Frau unter Wehen gesehen? Es war schon unangenehm, und ich konnte auch irgendwie nicht frei sein. So etwas wie Entspannung war in diesen Tagen ein Fremdwort für mich.
Gegen 21 Uhr ging ich wieder in den Kreißsaal, weil die Schmerzen mittlerweile unerträglich waren und ich so müde und kaputt war. Ich wollte etwas Schmerzlinderndes haben, um runter zu kommen. So schnell wie ich dort angekommen bin, so schnell kam ich wieder mit 2 Zäpfchen raus. Ich hatte weiterhin Schmerzen und war mit meiner Kraft am Ende. Und zurück in den Kreißsaal traute ich mich nicht mehr. Müde und kraftlos bin ich der Station auf- und abgegangen, zusammen mit einer anderen schwangeren Frau. Ihre Freundin hat im Wechsel auf unseren Wehen-Abstand geachtet, während mein Mann in meinem Bett lag und schlief.
Ich brauchte etwas gegen die Schmerzen
Mittwochmorgens gegen 2 Uhr weckte ich meinen Mann, ich brauchte endlich etwas gegen die Schmerzen. Da war die erste Hebamme, die mich nicht belächelte, mich sanft untersuchte, die bei mir geblieben ist, die mich durch die Wehen begleitet hat. Auch wenn die Spritze zur Schmerzlinderung nicht wirkte, hat es mir viel bedeutet, dass sie einfach nur bei mir war. Ich sah auch in ihren Augen, wie sie mit mir litt. Ich fühlte mich wie benebelt, hatte Hitzewallungen, und ich schrie vor Schmerzen nach einer Sectio. Jegliche Art von Schmerz-Erleichterung hat mir nicht geholfen, weder der Tropf, die Spritze noch die Zäpfchen. Und auch am Befund hat sich am 3. Einleitungstag nichts geändert. Ich war immer noch bei 1 cm.
Gegen 5 Uhr morgens bekam ich eine PDA, die nicht saß und mir etwas Hirnwasser entzogen wurde. Alles ging schief, nur weil ich der PDA zustimmte. Mein Kreislauf war im Keller, PDA saß nicht, meine Temperatur stieg an und die Herztöne wurden auch besorgniserregend. Ich hörte nur noch das Wort Sectio. Schließlich hat mein Mann mich zu einer Sectio überredet, und auch die Hebamme im Hintergrund sagte mir, dass ich doch einen Kaiserschnitt wollte.
Ich wurde für den Kaiserschnitt fertiggemacht und lag heulend auf dem kalten OP- Tisch und wäre am liebsten davongelaufen. Um 6.01 Uhr habe ich unsere Kleine schreien gehört und kurz gesehen, weg war sie. Gesehen habe ich sie dann im Kreißsaal wieder, und wir wurden von der Stationsschwester nach 2 Std. als Sectio (so wurde ich bezeichnet) abgeholt.
Ich fühle mich um mein Geburtserlebnis beraubt wegen fehlender und mangelnder Betreuung.
Ich wurde nicht ernst genommen, man lachte mich aus und fragte mich, woher mein Sinneswandel kam, nach 3 Sectio es spontan zu versuchen, was ich mir dabei gedacht hätte. Dieses respektlose Verhalten mir gegenüber und nicht zu vergessen diese groben Untersuchungen, wovor ich mich jedes Mal gefürchtet habe. Das alles trägt dazu bei, dass ich ein Stück weit die Selbstachtung vor mir verloren habe. Ich fühlte mich alleine gelassen. Nun sitze ich hier mit einer Narbe an Körper und Seele.
Oh Mann, ich weiß gar nicht, was ich schreiben könnte. Noch weniger ist mir aber danach, einfach nichts zu schreiben. Es tut mir unendlich leid, dies zu lesen. Ich weiß nicht, ob die Autorin selbst den Kommentar liest. Ich hoffe jedenfalls sehr, dass sie einfühlsame und hilfreiche Begleitung erfahren hat und auf dem Weg der Heilung ist und Frieden findet mit allem, was sie erlebt hat. Alles Liebe!
Sie sind unglaublich stark, weil Sie den Versuch einer VBA3C gewagt haben. Mich hat schon der Weg zur Spontanen Geburt nach einem Kaiserschnitt furchtbar viel Kraft gekostet. Ihr Bericht hat mir in der zweiten Schwangerschaft sehr geholfen. Ich dachte: „Wenn diese Frau es versucht hat, wie kann ich das nicht tun?!“.
Das Verhalten der Menschen, die Sie betreut haben, erfüllt mich bei jedem Lesen mit Scham und Wut. Ich bin als Physiotherapeutin selbst in einem medizinischen Beruf tätig und hoffe, dass ich nie so erbärmlich und gedankenlos war und sein werde, mit von mir behandelten Menschen so umzugehen.